Heinrich Schütz (1585–1672) gilt als einer der bedeutendsten Komponisten des 17. Jahrhunderts. Schon zu Lebzeiten als «Vater unserer [d.h. deutschen] modernen Musik» anerkannt, wurde er von der Nachwelt zur Leitfigur genuin protestantischer Kirchenmusik erklärt. Bach wäre ohne seinen kongenialen Vorläufer, der die deutsche Sprache durch seine ausdrucksstarke Textgestaltung nobilitierte, nicht zu denken.
Im Oktober 2017 feiert auch die Schweiz 500 Jahre Reformation. Dies wollen wir zum Anlass nehmen, in den Jahren 2017 bis 2022 das gesamte Werk von Heinrich Schütz aufzuführen. Gemäss Schütz-Werk-Verzeichnis (SWV) sind dies über 500 erhaltene Kompositionen, die – ausgehend von der Hofkirche Luzern – in 75 Konzerten (15 Konzerte pro Jahr) in verschiedenen Regionen der Schweiz aufgeführt werden sollen.
Beteiligt am Projekt sind das auf alte Musik spezialisierte Ensemble Il Dolcimelo (gegründet 1996), der Chor «Cappella Hofkirche Luzern» und namhafte Solistinnen und Solisten. Zudem werden mit diesem Projekt angehende Musikerinnen und Musiker gefördert, welche sich auf die Musik der Renaissance und des Frühbarock spezialisieren möchten. Die musikalische Gesamtleitung liegt in den Händen von Ludwig Wicki, Stiftskapellmeister an der Hofkirche Luzern und Chefdirigent des 21st Century Symphony Orchestra.
Als langjähriger Hofkapellmeister in Dresden pflegte Schütz neben der strengen Kontrapunkttechnik den barocken konzertierenden Stil in verschiedensten Facetten bis hin zu prunkvoller mehrchöriger Klanggestaltung. Gerade in der Verbindung von traditioneller Polyphonie und textgezeugter Eindringlichkeit gelang es ihm, eine individuelle Musiksprache zu entwickeln, deren humane, tief verinnerlichte und sublime Vitalität noch zu entdecken ist.
Wichtige aufführungspraktische Fragen rund um das Werk von Heinrich Schütz sind noch nicht vollends geklärt. Dieses einmalige Projekt wird darum in enger Zusammenarbeit mit dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Zürich durchgeführt. Für das Jahr 2018 ist eine internationale musikwissenschaftliche Tagung zu Schütz geplant. Für die wissenschaftliche Leitung ist Prof. Dr. Therese Bruggisser-Lanker von der Universität Zürich verantwortlich. Ein internationaler Beirat unterstützt das Projekt.
Die Konzerte werden durch Einführungsvorträge begleitet, auch andere Formen wie Gesprächskonzerte oder mit Text und Musik kombinierte Formen wie Konzerte mit Lesungen sind geplant. Zudem werden zeitgenössische Komponistinnen und Komponisten eingeladen, sich mit einer Auftragskomposition mit Schütz zu beschäftigen.
Zur Realisierung dieses mehrjährigen Projekts wurde ein «Verein zur Förderung der Werke von Heinrich Schütz» nach schweizerischem Recht gegründet. Angestrebt wird auch eine Zusammenarbeit mit der Internationalen Heinrich-Schütz-Gesellschaft mit Sitz in Kassel und Sektionen in verschiedenen europäischen Ländern und Japan.
Heinrich Schütz ist der bedeutendste deutsche Musiker des 17. Jahrhunderts. Im Verlauf seines knapp 90-jährigen Lebens hat er die musikalischen Entwicklungen in Mitteldeutschland so stark geprägt und begleitet wie kein Zweiter.
Heinrich Schütz - geboren am 8. Oktober 1585 in Köstritz - verbrachte ein halbes Jahrhundert als Kapellmeister am kurfürstlich-sächsischen Hof zu Dresden. Seiner Einstellung war ein zähes Feilschen des Kurfürsten Johann Georg I. mit dem Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel um den jungen Musiker vorangegangen. Der kulturell beflissene Moritz hatte den jugendlichen Schütz nicht nur als Sänger und Schüler des «Collegium Mauritianum» an seinen Hof geholt, sondern ihm auch einen dreijährigen Studienaufenthalt bei Giovanni Gabrieli in Venedig finanziert. Als aber der prunk- und trunksüchtige sächsische Kurfürst Johann Georg I. anlässlich der Suche nach einem neuen Kapellmeister auf Schütz aufmerksam wurde, hatte Landgraf Moritz kaum Chancen, dem höher stehenden Fürsten das Anliegen zu verweigern.
Seinen Aufgaben entsprechend, umfasst das Schütz-Werk-Verzeichnis (SWV) zahlreiche geistliche und weltliche Werke für höfische Gottesdienste oder Privatandachten, für Hoftafel und Tanz, für Hochzeiten, politische und private Veranstaltungen. Allerdings gingen nahezu alle weltlichen Werke verloren, bedingt durch den 30jährigen Krieg, der nicht nur die Biographie, sondern auch das Werk des Komponisten nachhaltig prägte. Außerdem kamen zu Schütz' Lebzeiten vorrangig seine geistlichen Kompositionen zur Veröffentlichung, deren Bestand damit gesichert war.
Der musikalische Stil Schütz' lässt eine behutsame, originelle Aufnahme moderner Einflüsse, die Schütz aus Italien mitbrachte, erkennen. Basis allen Komponierens blieb für ihn aber immer eine solide kontrapunktische Ausbildung in der Tradition der niederländischen Schule des 16. Jahrhunderts. Textgrundlage der erhaltenen Kompositionen waren überwiegend von Schütz sorgsam redigierte Bibelstellen, zumeist aus der deutschsprachigen Lutherbibel. Für einige Werke verfasste er die Texte selbst.
Am 6. November 1672 ist Heinrich Schütz in Dresden gestorben.
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